VFR-Karten (Papier)
Beginnen wir - obwohl es mittlerweile "old-school" ist - mit den klassischen Papierkarten (etwas weiter unten geht es dann um digitales Kartenmaterial).
Ganz früher hatten - wie in fast allen europäischen Ländern - VFR-Flieger auch in Italien die Wahl zwischen den von der nationalen Flugsicherungsorganisation (hier: ENAV) herausgegebenen (offiziellen) „ICAO-Karten“ und den von Jeppesen publizierten "VFR+GPS"-Karten (beide mit Maßstab 1:500000). Das war auch gut so, denn leider sind seit jeher die italienischen ICAO-Karten grottenschlecht gemacht und katastrophal schlecht lesbar. Z.B. ist es aufgrund der unglücklichen Farbgebung und der geringen Kontraste meist sehr schwierig, die einzelnen Sektoren der TMAs zu erkennen und zügig wahrzunehmen. Außerdem fehlen dort sämtliche Aviosuperfici und Campi di Volo. Dazu kommt, dass die Karten, obwohl sie jährlich im Frühjahr aktualisiert werden, oft erst im Herbst zum Verkauf stehen - witzlos. Und: die Karten sind teuer und eigentlich auch kaum zu bekommen. Ein Witz also. Daher wurden - zumindest von ausländischen Piloten - in der Vergangenheit allermeistens Karten von Jeppesen vorgezogen, zumal sie auch deutlich günstiger waren als die ICAO-Karten. Auch ich habe diese damals jahrelang benutzt.
Bekanntlich wurden die Papierkarten von Jeppesen 2013 vollständig eingestellt. Jepp konzentrierte sich fortan zunächst vollständig auf seine elektronischen Karten in Form des Produkts "Mobile Flite Deck VFR", welches Ende 2019 letztlich auch (im Zusammenhang nach der Übernahme von ForeFlight durch Boeing) eingestellt wurde. Auch Italien ist bei Foreflight natürlich als Land vollständig implementiert. Mehr dazu weiter unten.
Damit mussten jene Piloten, die trotz der vielen Möglichkeiten, die die elektronischen Karten zweifellos bieten, nach wie vor Papierkarten vorziehen, sich Alternativen suchen:
Als allererstes genannt sein muss hier der Avioportolano-Verlag (Herausgeber des berühmten Avioportolano-Flugplatzhandbuchs). Dieser hat nämlich ebenfalls VFR-Karten im Maßstab 1:500.000 im Angebot; ursprünglich waren diese einmal für die reine (tief fliegende) UL-Fliegerei konzipiert, weshalb unter anderem die TMAs gar nicht dargestellt wurden. Dies hat sich allerdings vor einigen Jahren geändert, sprich es sind seitdem auch die TMAs und alle anderen kontrollierten Lufträume verzeichnet. Überhaupt sind die Karten mit recht viel Liebe fürs Detail und weitestgehend konform mit den ICAO-Richtlinien für Luftfahrtkarten (Annex 4) gestaltet. Ob dies gut gefällt oder nicht, das muss jeder User für sich selbst entscheiden (mir persönlich gefällt z.B. die Darstellung der kontrollierten Lufträume nicht so sehr; allerdings nutze ich selbst ohnehin gar keine Papierkarten mehr). In jedem Fall sind die Karten viel angenehmer zu lesen und informativer als die ICAO-Karten und speziell die Topographie ist recht aufwändig dargestellt. Außerdem sind natürlich alle veröffentlichten Aviosuperfici und Campi di volo (also jene die auch im Avvioportolano-Handbuch vorhanden sind) auf diesen Karten verzeichnet.
Diese Karten sind in für Italien-Flüge mittlerweile so ziemlich der "Standard", was VFR-Papierkarten im Maßstab 1:500000 angeht. Italien wird durch insgesamt 7 Blätter abgedeckt. Das Blatt für Sizilien enthält auch Malta. Bestellen kann man die Karten entweder direkt beim Avioportolano-Verlag oder bei einem Luftfahrtbedarfshandel.
Eine andere Option sind die 1:500000er VFR-Karten von RogersData aus Österreich. Seit einigen Jahren gibt es von dieser Serie auch eine komplette Abdeckung Italiens. Auf den Karten sind auch alle Aviosuperfici und Campi di volo gemäß Avioportolano verzeichnet. Wenn man den kompletten Kartensatz Italien kauft (4 Stück, und zwar, Nord, Mitte, Süd, Sardinien), ist man allerdings 130 Euro los. Auch diese Karten haben ein paar Eigenschaften, die mir persönlich nicht so sehr gefallen, aber wie gesagt, das ist häufig Geschmackssache. Jene Erfahrung auf dem Gebiet Italien wie Guido Medici (Avioportolano) hat RogersData sicher nicht.
Drittens gibt es seit auch Italien-Karten der Visual-500-Serie der DFS ("V500"). Sprich: Italien-Karten, die in ihrer Aufmachung exakt jenen entsprechen, die die allermeisten deutschen Piloten von ihrer erste Flugstunde an kennen. Hier fehlt mir persönlich die genaue Auseinandersetzung mit dieser Karte, um hierzu ein Urteil abzugeben. Der Herausgeber hat sicherlich nicht die langjährige Erfahrung im Bereich der Italien-Karten, wie sie der Avioportolano-Verlag hat. Hier und da fehlen wohl gelegenlich einige Aviosuperfici/campi di volo; teilweise sind auch ein paar drauf, die es schon lange nicht mehr gibt. Außerdem hat der Herausgeber entschieden, die Luftraumstruktur (außer im Alpengebiet) nach oben nur bis FL95 darzustellen. Das ist eine vertretbare Entscheidung; schließlich beginnt dort in Italien ohenhin flächendeckend kontrollierter Luftraum der Klasse D. Italien ist durch insgesamt vier dieser Karten abgedeckt (Nord, Mitte, Süd, Sizilien); eine kostet jeweils ca. 22 Euro.
Und viertens noch: der französische Editerra-Verlag bietet seit ca. 2020 aus der Serie "Air Million Zoom" auch eine 1:500.000er Karte für den Alpenraum und Norditalien an. Ich habe damit aber keinerlei Erfahrung.
Und dann gibt es von Editerra auch noch ein Angebot für eine VFR-Karte im Maßstab 1:1.000.000, welche auf einem Blatt ganz Italien abdeckt. Dies ist die klassische Air Million-Karte, Blatt "Italy", welche es im Flugbedarfshandel gibt. Die Air-Million-Karten sind recht gut gemacht. Als primäres Navigationsmittel sind sie zwar aufgrund ihres Maßstabs zwar nicht wirklich geeignet; als Backup aber umso mehr. Die Aviosuperfici und campi di volo sind, wenn auch etwas lückenhaft, verzeichnet.
Unabhängig von der Frage, welche Karten man nutzt, sei hier noch einmal ausdrücklich empfohlen, diese wirklich sehr genau zu studieren, da die Luftraumstruktur oft erst nach längerem Studieren gänzlich klar wird. Insbesondere ist es nicht einfach, die vertikalen Ausmaße der diversen LI-Rs, der CTRs und der TMAs auf Anhieb zu erkennen und zu verinnerlichen. Und: bei "digitalen" Vektorkarten unbedingt aufpassen, dass auch wirklich alle relevanten Lufträume angezeigt werden und nicht ggf. ausgeblendet sind!
Abschließend sei also zum Thema Papierkarten gesagt, dass diese im Zusammenhang mit Italien grundsätzlich problematisch sind. Dies hat damit zu tun, dass leider die italienische ENAV die Unart hat, wesentliche Luftraumänderungen auch unterjährig einzuführen, und nicht, wie z.B. in Deutschland, eigentlich nur einmal im Jahr. Dies führt dazu, dass man sehr häufig mit veralteten Karten herumfliegt, auch wenn es doch eigentlich die "neuesten" sind. Daher empfehle ich - zumindest primär - auf digitale Vektorkarten mit monatlicher Aktualisierung zurückzugreifen.
VFR-Karten im digitalen Format / Apps
Bekanntermaßen sind Tablets als Cockpitool mittlerweile Standard. Dies gilt insbesondere auch für die Darstellung von VFR-Streckenkarten. Einleitend sei dazu nur noch einmal wiederholt, dass es in Europa keinerlei Verpflichtung gibt, Papierkarten an Bord zu führen (im Gegenteil: wer *nur* mit Papierkarten an Bord fliegt, der entspricht nicht den Anforderungen an den Part-NCO, da dieser zu jedem Zeitpunkt aktuelles Kartenmaterial fordert und jährlich einmal neu aufgesetzte Papierkarten dies natürlich nicht erfüllen). Daher kann z.B. ein iPad (plus ggf. eine Backup-Gerät) komplett die bisherigen Papierkarten ersetzen.
Ob man nun Papier oder Elektronik vorzieht (und ob man im Fall von Elektronik doch noch eine Papierkarte als back-up mit sich führen möchte), muss letztlich jeder für sich entscheiden. Wichtig ist bei allen digitalen Produkten, die Vektorkarten verwenden, dass man bei den Darstellungseinstellungen keine Fehler macht, also nicht versehentlich wichtige Lufträume ausblendet. Wenn einem aufgrund eines solchen Fehlers eine Luftraumverletzung unterläuft, wird es natürlich kein Pardon geben.
Die Alternativen bestehen hier weitgehend aus:
1. Air Navigation Pro
ANP war die erste Anwendung für das iPad, die das Darstellen von VFR-Streckenkarten auf dem iPad ermöglichte und populär machte. Man hat hier die Wahl, entweder nur die kostenlosen (eher schlechten) Landschaftskarten zu laden und dann die von ANP generierte Luftraumstruktur als "darüber zu legen". Man erhält so eine komplett konfigurierbare Vektorkarte. Diese Alternative ist günstig (man muss nur einmalig für die ANP-App bezahlen), allerdings gelten die ANP-eigenen Daten als fehlerbehaftet und damit unzuverlässig. Daher würde ich für Italien-Flieger von ANP (zumindest als primäre Datenquelle) abraten. Ich habe mich mittlerweile aber schon Jahre nicht mehr im Detail mit ANP beschäftigt. Dennoch: der Marktanteil ist mittlerweile recht klein, und ich denke, dass wird auch auf Funktionalität und Datenqualität zurückzuführen sein.
Was die Flugplatzdatenbank angeht, so greift ANP für die Aviosuperfici und Campi di volo auf die sehr umfangreiche Avioportolano-Datenbank zurück, so dass dort sämtliche veröffentlichte Plätze enthalten sind.
2. Skydemon
Das von Briten entwickelte Programm Skydemon ging einen etwas anderen Weg als ANP. Die Karten sind proprietäre Vektorenkarten. Dies hat den Vorteil, dass man die Karten beliebig "customizen" kann. Außerdem kann man den "Stil" der Kartendarstellung festlegen, so dass diese dann z.B. mit dem von deutschen Piloten gewohnten Layout der DFS-ICAO-Karten entspricht. Kleiner Nachteil: die gesamte Terraindarstellung inkl. Straßen, Flüssen etc. ist nicht so sehr detailreich. Insgesamt aber ein sehr gutes und sehr ausgereiftes Programm. SD gilt als sehr fix bei der Aktualisierung der Datenbank bei AIRAC-Änderungen. Alles in allem kann Skydemon daher für das Fliegen in Italien sehr empfohlen werden. Auch die meisten italienischen VFR-Piloten nutzen es.
Was die Flugplatzdatenbank angeht, so greift auch Skydemon für die Aviosuperfici und Campi di volo auf die sehr umfangreiche Avioportolano-Datenbank zurück, so dass dort sämtliche veröffentlichte Plätze enthalten sind.
3. PocketFMS / EasyVFR
Eher wenig verbreitet. Das klassische PC-Produkt heißt "PocketFMS", die iPad-Version davon nennt sich "EasyVFR". Das Konzept ist ähnlich wie bei Skydemon, sprich es werden proprietäre Vektorkarten erstellt. Auch dieses Programm soll kurz erwähnt sein, denn die Qualität der Luftraumdaten hat einen guten Ruf. Leider ist die Grafik ein bisschen "C64-Style", was mir so nicht so gut gefällt. Außerdem fehlen in den Bergen sämtliche Geländehöhenpunkte.
Was die Flugplatzdatenbank angeht, so greift PocketFMS für die Aviosuperfici und Campi di volo auf die sehr umfangreiche Avioportolano-Datenbank zurück, so dass dort sämtliche veröffentlichte Plätze enthalten sind.
4. Garmin Pilot
Seit ca. 2016 ist auch das kombinierte VFR-& IFR-Programm von Garmin grundsätzlich als erntzunehmende Alternative zu bezeichnen. Ähnlich wie AirNavPro erlaubt Garmin Pilot beides, also entweder die Garmin-eigenen Vektorkarten zu verwenden oder als Rasterversion andere Karten hinzuzukaufen. Letzteres ist keine besonders elegante Lösung; außerdem gibt es keine guten Karten für Italien im Angebot (nur die ENAV-Karten aus der AIP). Die eigenen Vektorkarten von Garmin haben leider im Detail (insbesondere für VFR) noch immer, auch nach dem großen Update Mitte 2019) einige Schwachpunkte. Auch das Programm an sich hat so einige Schwachpunkte; hier wurde einfach ein "Ami-Programm" genommen und dieses für den europäischen Markt mit Daten versehen, ohne das Programm selbst zu "europäisieren". Daher kann ich Garmin Pilot für das Fliegen in Italien letztlich nicht sehr empfehlen.
5. ForeFlight
Die auch für Europa adaptierte Version des in den USA marktbeherrschenden Programms "Foreflight" ist . Leider ist die Kartographie für VFR-Zwecke meiner Meinung nach trotz jahrelanger stückweiser Verbesserungen immer noch nicht wirklich gut und es fehlen ein paar vitale Programm-Funktionen. Insbesondere in den Alpen oder anderen Gebirgen ist die Topographiedarstellung für das reine VFR-Fliegen immer noch unzureichend. Daher empfehle ich Foreflight nicht so sehr; Skydemon ist in nahezu jeder Hinsicht was die Kartendarstellung angeht besser.
Airport Directories und VFR-Anflugkarten
Es ist zu erwähnen, dass der Zugang zur gesamten AIP Italien komplett gratis über das Internet möglich ist.
Noch ein Tipp am Rande: Wer grundsätzlich das Jeppesen Airway Manual verwendet, seinen Flug aber wirklich "perfekt" vorbereiten will, vergleicht insbesondere die Airport Directories von Jeppesen noch mit denen aus der AIP. Meine Erfahrung ist, dass Jeppesen bei deren Zusammenstellung des Abschnitts "AD" teilweise etwas sehr synthetisch arbeitet und einige nicht gänzlich unwichtige Besonderheiten und Regulierungen nicht übernimmt! Und: stets die NOTAMs natürlich nicht vergessen!
Außerdem fehlen beim Jeppesen Airway Manual leider häufig die Parking-Charts aus der AIP, also ein gezoomtes Bild des Vorfelds mit den einzelnen Parkpositionen. Beispiel: Fliegt man nach Genua (LIMJ) und bekommt nach der Landung die Position 112 angewiesen, hat man es, wenn man nur den Jeppesen VFR hat, schwer, diese zu finden; mit der Karte aus der AIP hingegen ist es einfach.
Wer darüber hinaus komplette Infos zu allen Aviosuperfici zur Hand haben will, braucht dazu noch den "Avioportolano" (siehe den gleichnamigen Abschnitt auf dieser Website).
IFR-Streckenkarten
Da IFR-Strecken seit vielen Jahren ohnehin nur noch mit elektronischer Hilfe erstellt werden können (ich empfehle autorouter), braucht man eigentlich gar keine Streckenkarten mehr. Wer sie dennoch unbedingt auf Papier haben will, nimmt vorzugsweise die Jeppesen Low Altitude Charts. Italien wird durch die Karten 3/4 (Nordwestzipfel), 5/6 (Westzipfel), 11/12 (Nordostzipfel) und 13/14 (der gesamte Rest) abgedeckt. Zur Not (z.B. sehr kurzfristig geplanter Flug) kann man sich auch Auszüge der Enroute-Charts aus der Online-AIP ausdrucken (eleganter ist natürlich, sich diese auf das ipad zu ziehen). Oder - heutzutage standard - man sieht die Enroute-Charts auf einem iPad ein, also via Foreflight oder Skydemon. Es ist zu erwarten, dass auch die Jeppesen IFR-Streckenkarten irgendwann gar nicht mehr in Papierform angeboten werden.
IFR-Anflugkarten
Eine app-freie aber weniger flexible Alternative liegt in der Nutzung der autorouter Website zur Einsicht und Speicherung von AIPs, bzw. Ausschnitten davon.
GEN, ENR, etc.
Auch was die generellen Informationen aus der AIP (also GEN, ENR, etc.) betrifft, so bleibt die offizielle AIP Italien fast unverzichtbar, das diese Infos im Jeppesen manchmal nur verkürzt und vereinfacht enthalten sind. Daher sei an dieser Stelle kurz erklärt, wie man sich per Internet Zugang zur AIP-Italien verschafft. Und zwar gibt es die Möglichkeit, die AIP über einen Login bei der italienischen ENAV einzusehen. Link:
https://www.enav.it/en/user/register
Das ist aber auch wenig benutzerfreundlich. Ich empfehle mittlerweile für einen einfachen Webzugang zu allen AIPs den autorouter (nach dem Login oben recht auf "AIP-Plates" gehen), oder eben Skydemon, Foreflight, etc.